Schön aber schädlich: Groll

Groll fühlt sich gut an. Wir haben recht, wir urteilen, wir klagen an. Wir sind sicher, dass unser Standpunkt der richtige ist.

Es geht mir nicht um Wut, ein kurzes Aufflackern wenn die eigenen Grenzen verletzt wurden. Ein klares Nein, so nicht! Das können schon kleine Kinder und es ist gesund.

Groll dagegen ist alt, oder er wiederholt sich wieder und wieder. Sobald der innere Dialog „schon wieder!“ lautet oder „immer musst du…“, ist klar: hier geht es um Groll.

Groll können wir hegen und pflegen, oft über viele Jahre, sogar Jahrzehnte. Verzeihen: unmöglich. Loslassen: niemals! Wir haben ja recht. Und der andere definitiv unrecht.

Übrigens auch ein Zeichen, dass man grollt. Man ist sich so sicher.

Das sollte einen schon misstrauisch stimmen. Was ist schon sicher? Aber es fühlt sich einfach super an, und deshalb machen wir es auch. Oft so lange, bis es Teil der eigenen Persönlichkeit ist. Wer wären wir ohne diesen Groll? Schrecklich, nicht auszudenken. Da würde uns was fehlen, und wir wären nicht mehr wir selbst.

Oder?

Im Gegenteil. Mit Groll machen wir uns klein. Es ist ein Hinweis darauf, dass wir uns machtlos fühlen. Das sind wir nicht, aber in diesem einen Fall ist es uns wichtig, das zu betonen. Ob gegenüber dem Partner, der Chefin, Nachbarn, Sportwagenfahrern oder den eigenen Eltern, Politikern oder „dem System“.

Wenn wir grollen, dann zeigen wir der Welt, dass wir schuldlos und ohnmächtig ausgeliefert sind. Und das ist uns wichtig.

Blöd nur, dass wir uns damit selbst eine Grube schaufeln. Dabei ist es unser Anliegen gewesen, zu bestrafen und bloßzustellen und Gerechtigkeit zu bekommen.

Indem wir grollen, zementieren wir stattdessen unsere Kleinheit. Wir verschanzen uns hinter einer Wut auf jemanden oder etwas, das lange in der Vergangenheit liegt oder mit uns persönlich gar nichts zu tun hat.

Groll bedeutet, aus der Deckung zu schießen mit der sicheren Gewissheit: „Ich gut, du böse.“

Na und? Könnte man da sagen. Ist doch nichts dagegen einzuwenden. Doch.

Denn egal was wir uns wünschen, auf diese Weise werden wir das nur in verkleinerter Version bekommen. Weil wir uns ja selbst klein halten. Weil wir auf unsere Machtlosigkeit bestehen.

Um wirklich in unsere Kraft zu kommen, müssen wir, so leid es mir tut, lernen loszulassen und schlimmstenfalls sogar zu vergeben.

Wir müssen sozusagen unsere eigene Macht wieder an uns reißen, denn so lange wir grollen, befindet sie sich auf der anderen Spielfeldhälfte. Stell dir nur mal vor, wo dieser Groll überall verteilt ist, und was es für dich bedeuten würde, all diese Energie als Macht für dich zur Verfügung zu haben. Wäre das nicht großartig?

Wenn es dir geht wie mir, ist die Begeisterung verhalten.

So viel Macht! Da kommt ja gleich wieder Druck auf, dann ganz toll sein (oder werden) zu müssen.

Aber darum geht es gar nicht.

Es geht darum, dich als würdig zu erweisen für all das, was du dir wünschst. Das bist du nämlich nicht, wenn du grollst.

Merkst du selbst oder? Dass es nicht viel nützt, jemanden anzuraunzen, von dem man sich etwas wünscht. Total kontraproduktiv.

Jedes Stückchen Groll dass du loslässt, oder dich entscheidest, gar nicht erst zu haben, macht dich entspannter. Bringt dich auf Empfang. Lässt dich offen werden für all das Gute, das du so gern hättest, das sich dir aber seit Jahren immer wieder entzieht.

Tja, hier hast du deine Auflösung.

Trenne dich von deinem Groll.
Am besten fängst du mit dem schwierigsten Menschen an: dem oder der Ex, deinem Vater, deiner Mutter. Alles andere wird dann leichter.

Ja, es ist beschissen schwierig und wir haben unglaublichen Widerstand dagegen. (Alles was ich hier schreibe, probiere ich selbst aus).
Und wie soll das überhaupt gehen?

Darauf gibt es eine ganz leichte Antwort: indem du für dich einstehst.

Wenn es wichtig genug ist, dass du dich ärgerst, dann ändere etwas daran.
Rede mit den Menschen, die dich verletzt haben und kläre, was noch gesagt gehört. Dann lass los.

Steh für dich ein, für vergangenes Unrecht, aber auch in der Gegenwart. Bevor ein neuer Groll aufgemacht wird, steh für dich ein.
Sag deine Meinung. Ändere etwas. Beteilige dich.

Oder lass los.

Wenn du es nicht angehen willst, dann ist es nicht wichtig genug. Dann kannst du auch aufhören, dich darüber zu ärgern.

Du hast das in der Hand.

Wer grollt, der entscheidet gar nichts.
Er (oder sie) schaut zu im eigenen Leben.
Kein Wunder, dass dann nichts richtig klappt oder toll werden kann.

Also:
Wenn es dir wichtig ist, steh für dich ein. Früher, jetzt, morgen.
Wenn nicht, dann lass es los. Denk nie wieder drüber nach. Ignoriere es, wenn es dir wieder begegnet.

Wenn du das tust, kannst du dich freuen auf eine ganz neue Lebensqualität. Gesünder, geliebter, reicher und schöner wirst du sein.
Menschen werden dich mehr mögen und dir Respekt entgegenbringen, oder sie verschwinden aus deinem Leben.

Lass es los! Tritt für dich ein! Sei glücklich!